Inhalt
Gedanken zur Anschaffung / Rechtsgrundlagen
Den richtigen Maulkorb auswählen
Betreuung durch andere Personen
Dieser Artikel soll ein Wegweiser sein, für diejenigen, die sich für einen ganz besonderen "Typ Hund" interessieren.
Die Hunde, die, sofern wir sie auf der Straße zu Gesicht bekommen, sich trotz strenger Gesetze weiterhin sehr häufig in illegaler Haltung befinden oder bereits den langen Verwaltungsweg der Sicherstellung über die Verwahrung in einem Tierschutzverein bishin zur erfolgreichen Neuvermittlung beschritten haben.
Es sind Hunde, die oft mit einer mangelnden Sozialisierung aufgewachsen sind, laienhaft als Statussymbol "ausgebildet" wurden oder deren Nerven jeden Tag im stressigen Tierheimalltag strapaziert werden, in vielen Fällen bis zum Ende ihres Lebens. Und das nur, weil der Käufer gerne einen kräftigen Hund besitzen wollte und auf Kosten des Hundes entweder gar keine oder eine fehlerhafte Anmeldung durchgeführt hat. In der Annahme, der kontrollierende Beamte würde sich nicht auskennen, wird sich notfalls eben eine neue Rassebezeichnung ausgedacht. Das sind keine Einzelfälle, sondern leider der Alltag für Vollzugskräfte.
Dabei sind die Hürden gar nicht so hoch, wenn man sich nur ein paar Abende Zeit nimmt, um sich in das Thema einzulesen.
Vereinfacht gesagt kann jeder, der nicht strafrechtlich verurteilt wurde und einen Theorietest beim Veterinäramt ablegt, in NRW einen Listenhund halten und führen.
Nach der Übernahme werden noch eine Gebühr für die Haltungserlaubnis beim Ordnungsamt und eine erhöhte Hundesteuer fällig (das sind zwei unterschiedliche Ämter und man benötigt ggf. zwei Anmeldungen). Auch muss eine Listenhund-Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden. Die laufenden Kosten für die Listenhundhaltung können, je nach Wohnort, Ausmaße eines Jahresurlaubes annehmen. Wohnt man zur Miete, sollte man den Vermieter um eine schriftliche Haltungserlaubnis bitten und muss sich darüber im Klaren sein, dass ein späterer Wohnungswechsel mit Hund schwierig werden könnte.
Die gesetzlichen Regelungen für Listenhunde
Das Ordnungsamt ist für die Umsetzung der Regelungen rund um die Hundehaltung innerhalb seines Gemeindegebietes zuständig und daher der Hauptansprechpartner für Hundehalter. Ich empfehle, Anfragen schriftlich zu stellen, um fundierte und später nachlesbare Antworten zu erhalten. Veterinärämter sind idR beratend tätig und können Empfehlungen geben (z.B. Wesensgutachten erstellen, die Phänotypisierung unterstützen, zur Absicherung des Grundstückes beraten etc.)
Inhalt: Allgemeine Halterpflichten, Definition „große Hunde“, Rasseliste „Gefährliche Hunde“, Rasseliste „Hunde bestimmter Rassen“, Erlaubnisbedingungen (Volljährigkeit, Sachkundenachweis, Zuverlässigkeit, sichere und artgerechte Unterbringung, Kennzeichnung durch Mikrochip, öffentliches Interesse der Haltung), Zutrittsrecht der Behörde zum Besitztum für Kontrollen, Mitführen der Haltungserlaubnis, Leinen- und Maulkorbpflicht, Haftpflicht-Deckungssumme, Weiterveräußerung des Hundes und Abgabe an Pflegestellen, Aufenthaltsmitteilung, Unfruchtbarmachung und Zuchtverbot, Anordnungsbefugnisse der Behörde (wiederholte Verstöße; Einschläferung), örtliche Ordnungsbehörde als zuständige Behörde, Anerkennung von Bescheinigungen anderer Bundesländer, Einschränkung von Grundrechten, Strafvorschriften und Ordnungswidrigkeiten
Diese Verwaltungsvorschriften ergänzen die Paragrafen des Landeshundegesetzes um genaue Definitionen und Auslegungen. Das macht das Landeshundegesetz gewissermaßen verständlicher.
Diese Verordnung regelt die Inhalte und die Durchführung vom Sachkundenachweis und der Verhaltensprüfung.
Inhalt: Haltungsbedingungen, Zuchtbedingungen, Zwinger- und Anbindehaltung, Fütterung und Pflege, Ausstellungsverbot (für Qualzuchten etc.)
Nebenher erlassen Gemeinden oftmals noch eigene Regelungen, die die zuvor aufgezählten Vorschriften jedoch nicht verschlechtern dürfen. Normalerweise handelt es sich um :
Spielen Sie mit dem Gedanken, einem "Listi" ein Zuhause zu bieten, holen Sie sich möglichst viele Informationen zu diesem Hund ein. Pfleger im Tierschutzverein können ihre Erfahrungen mitteilen. Manchmal geben auch die Behördenmitarbeiter eine kleine Auskunft über die ursprünglichen Lebensverhältnisse des Hundes, wenn dieser von ihnen sichergestellt wurde. Bei Hunden aus Sicherstellungen sollte ein späteres Zusammentreffen mit den ehemaligen Haltern unbedingt vermieden werden. Bei Welpen "Bestimmter Rassen" vom Züchter ist besonderes Augenmerk auf die Zuchtgegebenheiten, die Sozialisierung der Welpen und eine anerkannte Rassedeklaration (FCI-anerkannt!) zu werfen. An dieser Stelle möchte ich vor neumodischen "Designerrassen" warnen, welche häufig dem Phänotyp einer oder gleich mehrerer Listenhundrassen entsprechen und somit auch als Listenhunde eingestuft werden können. Auf jeden Fall sollten Sie sich über die eingekreuzten Rassen und deren genetische Veranlagungen informieren, denn unter den Listenhundrassen befinden sich energische Wach- und Schutzhunde sowie Zuchtlinien mit bestimmten Jagdneigungen. Hinter heutigen Molossern steht eine jahrhunderte-, teils jahrtausendelange Selektionsgeschichte auf bestimmte Leistungsmerkmale, die nicht von heute auf morgen spurlos aus den Hunden verschwindet. Auch wenn ein Hund im Tierheim einen freundlichen Charakter zeigt, entwickeln sich nicht selten im neuen Zuhause mit eigenen Ressourcen und bislang unbekannten Reizen ganz neue Charakterzüge. Das gilt jedoch für alle Hunde, die sich erst in einem neuen Umfeld einfinden müssen, unabhängig von der Rasse.
Lassen Sie sich bitte nicht von romantisierten Umschreibungen wie "Kampfschmuser" oder "Nanny Dog" blenden. Listenhunde sind starke und reaktionsschnelle Hunde, die eine verantwortungsbewusste Führung benötigen! Das heisst natürlich nicht, dass diese Hunde nicht auch gerne mit ihren Menschen kuscheln. Vertrauen sich Hunde dieser Rassen ihrem Menschen voll und ganz an, sind sie oftmals anhängliche und feinfühlige Hunde mit einer ordentlichen Portion Humor.
Im Alltag müssen sich Listenhundhalter ein dickes Fell zulegen. Man wird öffentlich angegriffen, weil der Hund ein "Kampfhund" sei. Oder man wird als Tierquäler deklariert, weil der "arme Hund" einen Maulkorb trägt. Die eigene Familie wird vielleicht fragen, warum es "ausgerechnet so ein Hund" geworden ist. Passanten werden ihre Kinder über den vermeintlich bissigen Hund belehren und manche Kleinhundehalter werden mindestens böse gucken. Wer ein schlechtes Image fürchtet, für den ist ein Listenhund wahrscheinlich nicht der geeignete Begleiter.
Sollten Sie trotz alledem bereit sein, die Hürden zu meistern, wenden Sie sich gerne an Ihre örtlichen Tierschutzvereine oder die IG Listenhunde OWL, welche auch überregional tätig ist.
Der Sachkundenachweis umfasst üblicherweise 30 Multiple-Choice-Fragen. Ein Gespräch im Anschluss ist möglich. Die Fragen können von jedem Veterinäramt selbst festgelegt werden, basieren jedoch meistens auf dem Kölner Fragenkatalog (Homepage der Stadt Köln -> Downloads und Infos ->„Sachkunde für Halterinnen und Halter von gefährlichen Hunden und Hunden bestimmter Rassen (LHundG NRW)“. Das Landeshundegesetz und die Tierschutzhundeverordnung sollten dem Prüfling inhaltlich bekannt sein. Zusätzlich empfiehlt sich auch der Blick in das Tierschutzgesetz.
Ab dem 6. Lebensmonat besteht für gefährliche Hunde sowie Hunde bestimmter Rassen eine Maulkorbpflicht. Es gibt verschiedene Arten von Maulkörben, sodass für jeden Hund ein passendes Modell dabei sein dürfte. Für schwierige Nasenformen wie von brachycephalen Rassen oder Bullterriern sind mittlerweile auch Sonderanfertigungen bei einigen Händlern erhältlich. Auf dem Markt werden folgende Maulkörbe angeboten:
Woher bekomme ich den passenden Maulkorb?
Kunststoffmaulkörbe und Nylonschlaufen werden im Zoo- und Landhandel, sowie im Internet auf einschlägigen Handelsplattformen angeboten.
Für Drahtmaulkörbe, deren Änderungen, Sonderanfertigungen usw. sind spezialisierte Geschäfte (zB. Chic & Scharf, Maulkorb Factory etc.) empfehlenswert. Es gibt einige spezialisierte Online-Händler sowie Läden in Deutschland, bei denen gleich mehrere potenzielle Maulkörbe ausprobiert werden können. Dabei sind sie nicht unbedingt teurer als die gängigen Plastikvarianten aus dem Zoohandel. Von Drahtkörben außerhalb von Fachgeschäften rate ich ab, zumeist fällt schon auf dem Produktbild der Beißkorb zu klein aus oder ragt in die Augen.
Eine Marke für robuste Ledermaulkörbe wäre möglicherweise „Bestia Collars“. Bei Hitze und Stress kann allerdings die Atmung und Temperaturregulierung erschwert werden.
Biothanemaulkörbe können u.a. bei dem Unternehmen „Bumas“ bestellt werden.
Für die Gewöhnung an den Maulkorb sollte man dem Hund zumindest eine Woche Zeit geben, in der an jedem Tag 2-3 Mal kurz geübt wird. Hunde, die sich nicht gerne anfassen lassen, brauchen durchaus deutlich länger. Der Maulkorb wird nicht frontal vor die Hundeschnauze gehalten, sondern immer leicht von unten präsentiert.
Ein Beispiel für den positiven Gewöhnungsaufbau:
Trotz Gewöhnung hinterfragen viele Hunde doch irgendwann, ob das „Ding“ wirklich aufgesetzt werden muss. Daher empfehle ich, jedes Aufsetzen mit einem kleinen Leckerli zu belohnen – so sind alle zufrieden und Unmut kommt gar nicht erst auf. Entzieht sich der eigentlich gut gewöhnte Hund dem Maulkorbaufsetzen, ist das häufig ein Symptom für unsichtbare Druckstellen durch einen unpassenden Maulkorb, einen unangenehmen Eigengeruch oder andere negative Erfahrungen damit.
Starke Hunde, die ihr Körpergewicht auch einsetzen und ihren Menschen dadurch zu Fall bringen könnten, sollten aus Sicherheitsgründen nicht an einem Geschirr geführt werden. Es bietet sich an, ein für den jeweiligen Hund passendes, breites und gepolstertes Halsband zu wählen, was über einen Griff verfügt (ein sogenanntes Taktisches Halsband). So kann der Hund in schwierigen Situationen direkt an der Hand geführt werden. Druck am Hals birgt auf Dauer Gesundheitsrisiken, sodass natürlich zeitnah an der Leinenführigkeit gearbeitet werden muss.
Desweiteren ist die Verwendung eines Kopfhalfters eine gute Möglichkeit, den Hund ähnlich einem Pferd zu lenken. In Kombination mit einem Maulkorb ist dies allerdings etwas umständlich. Es gibt verschiedene Formen von Kopfhaltern. Als empfehlenswert empfinde ich das „Gentle Leader“, da es den Fang nicht zuschnürt. Bei der Verwendung eines Kopfhalfters besteht das Risiko, den Hund bei einer ruckartigen Bewegung an der Halswirbelsäule zu verletzen.
Manche Geschirre verfügen über einen Ring an der Brust, in den die Leine eingehängt wird, um die Kraft seitlich wegzulenken. Nach eigener Erfahrung verrutschen diese Geschirre jedoch, sodass der gewünschte Effekt ausbleibt. Auch kann über die Brust trotzdem noch ein Großteil der Kraft vom Hund aufgebracht werden.
Gefährliche Hunde sowie Hunde bestimmter Rassen dürfen nur Personen überlassen werden, die als sachkundig und zuverlässig gelten. Somit ist bereits das Ausführen von Tierheim-Listenhunden nur Personen mit Sachkundenachweis möglich. Die Zuverlässigkeit kann sich das Ordnungsamt bei Zweifeln durch Vorlage eines behördlichen Führungszeugnisses nachweisen lassen. Die Herkunft des Hundes muss vom Betreuer nachgewiesen werden können (zB. durch Kopie der Haltungserlaubnis).
Sind Urlaubs- und Notfallbetreuungen für Listenhunde möglich?
Die Betreuung muss zunächst auf den jeweiligen Hund abgestimmt sein. Ein kurzhaariger Wohnungshund kann nicht plötzlich bei tiefen Temperaturen im Außenzwinger einer Pension untergebracht werden – auch wenn das leider noch immer gängige Praxis mit großen Hunden ist. Die Unterbringung bei einer Privatperson ist nur mit entsprechendem Sachkundenachweis möglich. Gewerbliche Hundesitter und Pensionen benötigen zudem den Sachkundenachweis nach §11 TierSchG. Zuvor sollte eine Mitteilung über den Verbleib des Hundes an die Ordnungsbehörde erfolgen, bei der der Hund angemeldet ist (verpflichtend bei einer Betreuung länger als 4 Wochen). Die Aufsichtsperson muss für die Zeit der Unterbringung mindestens eine Kopie der
Haltungserlaubnis als Nachweis mit sich führen. Die Betreuung ist auf 6 Wochen begrenzt, danach wäre eine Haltung beim örtlichen Ordnungsamt des Betreuers anzuzeigen. Falls der Hund eine Maulkorb- und Leinenbefreiung durch den Wesenstest erhalten hat, so gilt diese Erlaubnis nicht für die Aufsichtsperson (der Wesenstest ist personengebunden).
Bei der Verhaltensprüfung wird der Hund in triggerreichen, alltäglichen Szenarien geprüft. Dabei wird darauf geachtet, dass der Hund niemals Angriffsverhalten zeigt, auch nicht aus Selbstschutz. Der Prüfer erstellt nach dem Test ein Gutachten, das dem zuständigen Ordnungsamt zugesandt wird. Das Ordnungsamt entscheidet anhand dessen, ob ein Hund von Maulkorb- und/oder Leinenpflicht befreit werden kann. Alle Personen, die die Befreiung später nutzen möchten, müssen im Verhaltenstest mitgeprüft und im späteren Gutachten sowie in der Erlaubnis erwähnt werden. Steuerreduzierungen sind hinterher ebenfalls möglich, manche Gemeinden bestehen jedoch weiterhin auf die erhöhte Steuer, da sich die Steuer nur an der Rassezugehörigkeit und nicht am Verhalten des Hundes bemisst. Anlein- und/oder Maulkorbbefreiung können auch getrennt voneinander oder mit Einschränkungen
(bestimmte Gebiete, Tageszeiten etc.) erfolgen - davon machen Behörden jedoch selten Gebrauch und entscheiden nur zwischen „gefährlich“ und „ungefährlich“.
Hunde nach §3 LHundG NRW können nur durch die zuständige Behörde (örtliches Veterinäramt) geprüft werden. Auf Nachfrage akzeptieren Ordnungsämter häufig auch andere Veterinärämter als Prüfer.
Hunde nach §10 LHundG NRW können vom Veterinäramt oder einer anerkannten Sachverständigen Stelle geprüft werden
(LANUV -> Liste der anerkannten Sachverständigen)
Die Verhaltensprüfung läuft in allen Behörden unterschiedlich ab und dauert teilweise mehrere Stunden. Auch die Kosten variieren stark und liegen normalerweise im dreistelligen Bereich. Für manche Hunde kann die Verhaltensprüfung ein einschneidendes Erlebnis sein. Insbesondere die Vereinsamung, Bedrohungen (mit dem Stock, Anschreien) und Schreckreize (durchstartende Autos, versteckte Personen) können manch unsicheren Hund oder Wackelkandidaten nachhaltig aus der Bahn werfen. Es ist ratsam, den eigenen Hund nur dann einem Wesenstest zu unterziehen, wenn es notwendig ist und der Hund einen wirklich gefestigten Charakter hat.
In der DVO LHundG NRW findet man eine grobe Auflistung der abgefragten Szenarien, die während der laufenden Prüfung miteinander kombiniert werden können. Die Intensität ist Auslegungssache des Prüfers.
Wir benötigen Ihre Zustimmung zum Laden der Übersetzungen
Wir nutzen einen Drittanbieter-Service, um den Inhalt der Website zu übersetzen, der möglicherweise Daten über Ihre Aktivitäten sammelt. Bitte überprüfen Sie die Details in der Datenschutzerklärung und akzeptieren Sie den Dienst, um die Übersetzungen zu sehen.