Der Hahn kräht zu laut?

Beschwerden über den zu lauten Hahnenschrei sind in Ordnungsämtern keine Seltenheit. Oftmals liegt hier bereits ein schwelender Nachbarschaftskonflikt zugrunde, der nun zum Leidwesen des Hahnes ausgetragen wird. Besonders dramatisch wird es, wenn solche zwischenmenschlichen Hackereien über Leben und Tod des Hahnes entscheiden. Aber auch den ein oder anderen Besitzer kann der häufige Hahnenschrei irgendwann zur Weißglut treiben. Deshalb ist es wichtig, sich vor der Anschaffung eines Hahnes mit den örtlich geltenden Gesetzen und möglichen Schallschutzmaßnahmen auseinanderzusetzen.

 

Inhalt

Warum und wann kräht ein Hahn?

Welche gesetzlichen Vorschriften gibt es?

Beispiele für Schallschutzmaßnahmen

Warum und wann kräht ein Hahn?

Das Krähen kündigt zum Einen den Territorialanspruch an, zum Anderen lockt der Krähruf aber auch eigene Hennen herbei. Das Maximum an Krährufen wurde in Studien eine Stunde vor bis eine Stunde nach Sonnenaufgang beobachtet. Naturgemäß krähen Hähne auch verstärkt vor Sonnenuntergang, um die Gruppe zum Aufsuchen des Schlafplatzes zusammenzurufen. Verliert die Gruppe sich während der Futtersuche aus den Augen, hilft ein Hahnenschrei, um die Hennen zum Antworten oder Herbeilaufen zu animieren. Antwortet eine Henne daraufhin mit Klagelauten, schaut der Hahn schnellstmöglich nach ihr. Normalerweise schwankt die Anzahl der Krährufe zwischen 0 und 100 Einzelrufen pro Tag (Ausnahmen bestätigen die Regel), je nach Hormonstatus, Reizlage und Wetterlage. Hitze und Niederschlag mindern das Krähen.

Diese Form der Reviermarkierung kann so intensiv umgesetzt werden, dass der Hahn bei jedem neuen Außenreiz (vorbeigehende Passanten, überfliegende Vögel, fahrende Autos etc.) erneut zum Krähen animiert wird. Besonders stark wird ein Hahn jedoch durch das Krähen des Nachbarhahns animiert. Die wechselseitige Abstimmung hält Konkurrenten außerhalb der Territoriumsgrenze und beugt somit  kämpferischen Auseinandersetzungen vor. 

In einer reinen Hennen-Gruppe kommt es übrigens vor, dass die dominanteste Henne die Rolle des Hahnes übernimmt und anfängt, aus den gleichen Beweggründen zu Krähen. Ein Oberhaupt ist also für das reibungslose Fortbestehen einer Hühnergruppe essentiell, es sichert Ressourcen, warnt und hält die Gruppe beisammen - und das zeigt auch, dass kein Hahn auch keine Lösung ist.
 

Gibt es Rasseunterschiede?

In Foren werden häufiger die Hähne verschiedener Rassen verglichen. Es gibt sogar Wettbewerbe, bei denen der lauteste Hahn ermittelt werden soll. Im Endeffekt zeigt sich jedoch immer wieder, dass es absolut charakter- und situationsabhängig ist, wann, wie oft und wie laut ein Hahn kräht. Unterschiede gibt es jedoch tatsächlich im Klangbild. Während große Rassen einen blechernen, tieferen Ton besitzen, zeigen Zwergrassen ein deutlich höheres, eher melodisches Krähen. Zwergrassen erreichen auch nicht die gleiche Lautstärke wie die größeren Vetreter ihrer Art, gleichen dies unter Umständen jedoch durch häufigeres Krähen und längere Kräh-Sessions wieder aus. Auch eine Weitervererbung von neurotischen Charakterzügen und einem damit stressverbundenem, häufigeren Krähen ist möglich.

Welche gesetzlichen Vorschriften gibt es?

Ruhestörender Lärm definiert sich hauptsächlich aus dem §117 OWiG:

(1)Ordnungswidrig handelt, wer ohne berechtigten Anlaß oder in einem unzulässigen oder nach den Umständen vermeidbaren Ausmaß Lärm erregt, der geeignet ist, die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft erheblich zu belästigen oder die Gesundheit eines anderen zu schädigen.[...]

Für gewöhnlich erfolgt der Nachweis der erheblichen Belästigung durch ein mehrwöchiges Lärmprotokoll des Beschwerdeführers. Ordnungsamt und Polizei machen sich jedoch auch vor Ort selbst ein Bild von der Situation, da Lärm von  allen Menschen unterschiedlich wahrgenommen wird. Da es sich bei Lärmbelästigungen nur um Ordnungswidrigkeiten handelt, sind die Behörden nach eigener Einschätzung nicht verpflichtet, diese zu ahnden (§47 OWiG). Zivilrechtlich kann jedoch auch ein Unterlassungsanpruch gegen die Hahnenhaltung geltend gemacht werden (§1004 BGB).

Immissions- und Lärmschutzgesetze werden von den einzelnen Bundesländern erlassen. Für NRW gilt folgendes: 

§9 LImschG schreibt eine nächtliche Ruhezeit von 22-6 Uhr vor, in welchem Zeitraum die Geräusche auf Zimmerlautstärke beschränkt werden müssen.

§12 LImSchG schreibt vor, dass durch Tierhaltung niemand mehr als nur geringfügig belästigt werden darf.

Der maximal zulässige Geräuschpegel (Immissionsrichtwert) wird je nach Örtlichkeit beurteilt und ergibt sich aus der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm), Zif.6. Eigentlich dient diese Vorschrift Anlagen und Geräten, die Werte werden jedoch immer wieder vergleichend herangezogen. Direkt am Hahn können Werte zwischen 100 und 140 dB gemessen werden, was sich mit wenigen Metern Abstand jedoch schon deutlich verringert. Je nach örtlichem Baurecht muss auch mit festen Tiergehegen ein Grenzabstand von mindestens 2-3 Metern zum Nachbargrundstück eingehalten werden.

Manche Länder und Gemeinden (s. Ordnungsbehördliche Verordnung) erlassen eine zusätzliche Mittagsruhe. Erkundigen Sie sich dazu am Besten bei Ihrem örtlichen Ordnungsamt. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, lässt seine Hühner mittags zwischen 12 und 15 Uhr in einem schallgeschützten Gehege oder lockt sie mit ritualisierter Fütterung in den Stall. 

Samstage sind gesetzliche Werktage. Sonntage und gesetzliche Feiertage gelten zwar als Ruhetage, Geräusche durch Haustiere, spielende Kinder etc. werden jedoch durch mehrere Gerichtsurteile als sozial-adäquat betrachtet.

Eine Ruhestörung durch Hundegebell wurde per Gerichtsurteil in einem täglichen Rahmen von insgesamt 30 Minuten als hinnehmbar eingestuft, hierbei handelte es sich um einen Dauerzustand. An diesem Maßstab kann sich auch bei der Hahnenhaltung grob orientiert werden. (Urteil des OLG Hamm Az. 22 U 265/87)

Im Großen und Ganzen gibt es jedoch keine einheitliche Vorgehensweise zur Beurteilung eines lärmverursachenden Hahnes. Die einbezogenen Behörden müssen jeden Einzelfall betrachten und ihre Maßnahmen in einem verhältnismäßigen Rahmen umsetzen. Dazu gehört, Maßnahmen zu wählen, die möglichst mild und dabei zweckerfüllend sind.

Beispiele für Schallschutz-
maßnahmen

Isoliertes Hühnerhaus mit autom. Hühnerklappe

Ein isolierter, hochwertiger Hühnerstall mindert den Lärm normalerweise ausreichend. Im Sommer muss aufgrund der hohen Temperaturen ein Fenster geöffnet bleiben, daher ist der Stall bestenfalls so auszurichten, dass er von Wohnhäusern abgewandt steht. Reicht die Isolierung des Hühnerstalles alleine nicht aus, können an der Decke oder einzelnen Wänden Schallschutzmatten bzw Schallschutzplatten angebracht werden. Alte Teppiche oder günstige Meterware aus dem Baumarkt wirken sich, an den Wänden angebracht, ebenfalls deutlich schallmindernd aus, bieten aber auf Dauer oftmals zuviele Verstecke für Parasiten. Eine regelmäßige Verwendung von Insektiziden außerhalb der Reichweite der Hühner kann dabei Abhilfe schaffen. Styropor wird von Hühnern aufgepickt und eignet sich daher nicht für eine erreichbare Anbringung.

Die Hühner sind bestenfalls über eine automatische Hühnerklappe frühestens ab 8 Uhr hinauszulassen, das beugt den meisten Lärmbeschwerden bereits vor. Abends könnte der Stall bereits um 20 Uhr verschlossen werden, wenn die Hühner mit Futter gelockt werden.

 

Ausrichtung des Hühnergeheges 

Um den Hahn vom grenznahen Krähen abzuhalten, bietet sich die Haltung in einem festen Außengehege an. Dieses Gehege sollte mehrere Meter Abstand zur Grundstücksgrenze einhalten und liegt bestenfalls nicht in direkter Nähe zur Nachbarsterrasse oder eines Wohnhauses, es sei denn, es ist das eigene.

 

Akustikzäune

Diese Zäune sehen aus wie hohe Sichtschutzwände und sind bestenfalls mit schallabsorbierendem Material (Steinwolle, Kokosfaser) gefüllt. Sie können als Wand zum Nachbargrundstück errichtet werden. Bei Grenzbebauung ist der Nachbar mit in die Planung einzubeziehen. Bei Errichtung auf dem Grundstück sind baurechtliche Bestimmungen zu beachten (Höhe, Grenznähe...).

 

Heidekraut-Zaun

Für Bauerngärten und natürlich-mediterrane Gärten eignet sich ein Heidekrautzaun. Dieser kann, um das Gehege gebaut, Schall effektiv vermindern - zum Einen sieht und hört der Hahn weniger Außenreize, zum Anderen dringt das Krähen nicht hindurch. Je höher und je schwerer der Zaun gewählt wird, desto besser ist die schallisolierende Wirkung.

 

Hohe Wiese/Gebüsche, Blühinseln

Eine hohe (Blüh-)Wiese (ca. ab 100cm) oder eine dichte Randbepflanzung um das Gehege erfüllen bei der Haltung von nicht allzu großen Hähnen einen ähnlichen Effekt wie der Heidekrautzaun. In den Wintermonaten bietet eine Wiese allerdings keinen Schallschutz. Auch Blühinseln und dichte Hecken, die über das Grundstück verteilt angelegt werden, mindern den Schall.

 

Hohe Benjeshecke

Eine Benjeshecke kann in Form einer Umzäunung oder Schallschutzwand, bestenfalls außerhalb des Hühnergeheges, errichtet werden. Hühner scharren gerne in solchen Hecken und würden sie in kurzer Zeit auseinandernehmen. Ergänzt man die Hecke mit Laub und Rasenschnitt, erzielt dies eine ähnliche Wirkung wie die Steinwolle im Akustikzaun. Eine Benjeshecke hat einen hohen ökologischen Mehrwert und eignet sich für naturnahe Gärten.

 

Schallschutz von oben

Hähne nutzen zum Krähen vorzugsweise exponierte Flächen. Dicht gesetzte Sträucher im Gehege, ein undurchsichtiges Vogelschutznetz oder Sonnensegel über dem Gehege nehmen dem Hahn die Sicht auf Außenreize und absorbieren geringfügig den Schall.

 

Stress vermeiden 

Entsprechend der vorgenannten Möglichkeiten zur Reizminderung muss auch im Allgemeinen Umgang auf Stressoren geachtet werden. Das ständige Betreten des Geheges, Futterwerfen, der im Garten liegende Hund oder die vorbeilaufende Katze regen den Hahn an. Auch auf eine möglicherweise unbewusste Verstärkung (Krähen, damit der menschliche Futterspender kommt) muss geachtet werden.

 

Hormonimplantat/ Kastration 

Eine operative Kastration wird nur bei Erkrankungen durchgeführt. Ein Suprelorin-Implantat hingegen stellt eine temporäre Lösung dar, hiermit kann auch getestet werden, ob der Hormonstatus überhaupt Einfluss auf das Krähen des eigenen Hahnes hat. Da solche Implantate recht  kostspielig sind, kann man diese Maßnahme gegebenenfalls auch auf kräh-intensive Zeiten, wie die frühen Sommermonate, beschränken. Allerdings nimmt man einem Hahn mit seinen Hormonen auch seinen Status in der Gruppe, was je nach  Gruppenzusammensetzung mal mehr, mal weniger negative Auswirkungen für ihn und das Gruppengefüge haben kann.

 

Veränderung der Lichtverhältnisse

Eine Veränderung der Lichtverhältnisse kann bedingt Abhilfe schaffen. Die meisten Hähne krähen bereits, sobald sie die Dämmerung wahrnehmen, also schon mindestens eine Stunde vor Sonnenaufgang. Das hat nicht unbedingt etwas mit dem Lichteinfall, sondern auch mit der Geräuschkulisse zutun. Gibt es Geräusche am oder im Stall, die zuverlässig die Dämmerung ankündigen (zb. Straßenlärm, vermehrtes Vogelzwitschern, der Nachbarshahn...) kann es im Hühnerstall noch so finster sein, der Hahn wird trotzdem krähen.

 

No-Crow-Halsband(?)

Wenn das Halsband eng anliegt, was für eine Unterdrückung des Krähens nun einmal notwendig ist, kann es leicht zu Verletzungen, Entzündungen des Gewebes am Hals, Strangulierungen sowie Auslösen des Baroreflexes kommen. Beim Baroreflex kommt es zu einer mehr oder minder starken Stauung der Halsarterien, was durch örtlichen Anstieg des Blutdrucks und gleichzeitiger Einschränkung der Wahrnehmung starken Stress verursacht und zu Angstattacken führt. Dem Hahn wird auch absichtlich die tiefe Atmung erschwert, was ebenfalls als tierschutzwidrig einzustufen ist. Hecheln bei Wärme ist nicht mehr vollumfänglich möglich. Es sollte maximal kurzzeitig und ausschließlich dann in Betracht gezogen werden, wenn die einzige Alternative die zeitnahe Tötung des Hahnes ist.


 

Abgabe des Hahnes

Die Weitervermittlung von Hähnen gestaltet sich relativ schwierig. Private Gartenvermehrungen und die Hahnen-Schwemme bei Züchtern sowie ausgesetzte, überschüssige oder unüberlegt angeschaffte Hähne in Obhut von Tierschutzvereinen reißen leider nicht ab. Dem gegenüber stehen die wenigen Plätze, an denen ein Hahn überhaupt gehalten werden darf, denn Gesetze, Vermieter, Nachbarn aber auch die Kapazitäten in einer bestehenden Hühnergruppe begrenzen die Aufnahme an allen Ecken. Eine Vermittlung über Kleinanzeigen erfolgt meist zum einstelligen Europreis und hat entsprechend oft das Schlachten oder eine schlechte Versorgung des billig erworbenen Hahnes beim Abnehmer zur Folge. Eine Anfrage im örtlichen Tierschutzverein sollte notfalls versucht werden, ist jedoch nicht immer erfolgreich.  Manche Hühnerrettungen bieten auch Hilfen bei Vermittlungen zwischen Privatpersonen an. Der Verein Rette das Huhn e.V. schaltet beispielsweise einen monatlichen "Tier-Notruf", in dem, je nach Kapazität des Vereins, auch Hähne von privat an privat annonciert werden können und der viele Hühnerfreunde erreicht. In jedem Fall sollte die Problematik mit dem Hahnen-Überschuss nicht auf die leichte Schulter genommen und aus Respekt vor Tier und Tierschutzvereinen niemals unüberlegte Privatbruten oder Züchterkäufe durchgeführt werden. Letztendlich landen nämlich auch die Züchterhähne, die nicht innerhalb der ersten Lebensmonate verkauft werden, auf dem Teller oder mit Genickbruch im Restmüll.

 

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